545. Ach, wie nichtig, ach wie flüchtig

1 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Ist der menschen leben1
Wie ein nebel bald entstehen,
Und bald wiederum vergehet,
So ist unser leben, sehet!

2 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Sind der menschen tage!
Wie ein strom beginnt zu rinnen,
Und mit laufen nicht hält innen,
So fährt unsre zeit von hinnen.

3 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Ist der menschen freude!
Wie sich wechseln stund un zeiten,
Licht und dunkel, fried und streiten,
So sind unsre frölichkeiten.

4 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Ist der menschen schöne!
Wie die blume bald vergehet,
wenn ein rauhes lüftlein wehet,
So ist unsre schöne sehet!

5 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Ist der menschen stärke!
Der sich wie ein löw erwiesen,
Ueber worsen mit den riesen,
Seht, den werfen kleine drüsen.

6 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig,
Ist der menschen glücke1
Wie sich eine kugel drehet,
Die bald da bald dorten stehet,
So ist unser glücke, sehet!

7 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig,
ist der menschen ehre!
Ueber dem, dem man hat müssen
Heut die hände höflich küssen,
Tritt men morgen gar mit süssen.

8 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Ist der menschen dichten!
Dir so künste lieb bewinnen,
Und manch schönes wrk ersinnen,
Können nicht dem tod entrinnen.

9 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Ist der menschen wissen!
Die sich hier mit weisheit rüsten
Und in deisem dunst sich br¨¨sten,
Sterben, als wenn sie nichts wüsten.

10 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Sind der menschen schätze!
Es kan glut und fluth entstehen,
Dadurch, eh wirs uns versehen,
Alles muß zu trümmern gehen.

11 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Ist der menschen herrschen!
Der eurch macht ist hoch gestiegen,
Muß zuletzt bey allen siegen,
Doch im grabe unterliegen.

12 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Ist der menschen prangen!
Der in purpur hoch vermessen,
Ist als wie ein gort gefessen,
Dessen wird im tod vergessen.

13 Ach wie nichtig, ach wie flüchtig
Sind der menschen fachen!
Alles, alles was wir sehen,
Das muß fallen und vergehen,
Wer Gott fürchtet bleibet stehen.

Text Information
First Line: Ach, wie nichtig, ach wie flüchtig
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom Tode und der Auserstehung; Death and Resurrection
Tune Information
(No tune information)



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